Die Klassiker der Weltliteratur

Von Goethe bis Kleist – die Klassiker der Weltliteratur gelesen und für die Hörbuchfassung bearbeitet von Heiner Heusinger. 

Es gibt einen allgemein anerkannten Literaturkanon deutscher Geistesgrößen, die alle in den Olymp der Dichterwelt einziehen durften. Sie repräsentieren eine überragende Leistung, eine Blützezeit deutscher Kultur, sie alle tragen das von der Gemeinschaft anerkannte Etikett "Klassiker" - darum gehören sie in den Bildungskanon der deutschen Schulen. 

Das war nicht immer so, schon gar nicht zu ihren Lebzeiten. Kleist galt als sperrig, dunkel und fühlte sich unverstanden. Goethe war sein erklärter Erzfeind, am liebsten hätte er ihm den imaginierten Lorbeerkranz vom Kopf gerissen. Goethe wiederum, hochdotierter Geheimrat und in den Adelsstand erhoben, verfiel noch vor seinem 40. Geburtstag in eine Sinnkrise und haute wort- und grußlos für zwei Jahre ins sonnige Italien ab. Das mache ihm heute mal einer nach! E.T.A.Hoffmann landete als "pflichtvergessener, höchst unzuverlässiger und gefährlicher Staatsbeamter" - er war Kammergerichtsrat und hatte aus Prozessakten widerrechtlich eine Parodie verfasst - auf der Anklagebank, Adelbert von Chamisso war gebürtiger Franzose, diente aber dann in der preußischen Armee und wurde Gefangener Napoleons. Deutsch war gar nicht seine Muttersprache. Alles in allem haben wir hier Bürger mit recht dubioser Biographie. Natürlich aus damaliger Sicht. Aus heutiger Sicht schufen sie Werke von bleibendem Wert. Dass das Rebellische an ihnen sich gegen die Erstarrung des Denkens in obrigkeitshörigen Strukturen richtete, hat etwas mit ihrem Mut zu tun. Sie bekannten sich zum Fruchtbaren des Lebens, zum Befreienden und neu zu Schaffenden. Dafür gingen sie große Risiken ein. Nach den katastrophalen Erfahrungen, die man mit den blutigen Auswüchsen der Französischen Revolution gemacht hatte, und nach Napoleon, ihrem "Vollender", der nicht nur die vermeintlich schützende Kuppel des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation 1806 zum Einsturz gebracht und den größten Teil der heerestauglichen Männer aus den sich ihm angeschlossenen Rheinbundstaaaten mit in den Schlachtentod seiner Eroberungszüge geführt hatte, setzte man als letzte Hoffnung und möglichen Ausweg auf Bildung. Bildung, die dem Menschen erlaubte, endlich aus "seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit" (Kant)  herauszutreten. Damals glaubte man noch an eine moralische, erziehende Funktion des Regierens. Eine gute Regierung sollte ihre Bürger dazu ermuntern, sich selbst zu regieren, so dass der Staat von innen her leben könnte (Golo Mann). Vielleicht sollten wir darum - auch und vor allem heute - die Klassiker neu und wieder lesen. Damit wir verstehen, was Bürgerstolz vermag und warum er wichtig ist für eine lebendige Demokratie.